The Way of Water ("Avatar 2")

Begonnen von Filmgärtner, 12.05.22, 00:40

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Filmgärtner

12.05.22, 00:40 Letzte Bearbeitung: 12.05.22, 12:11 von DCI sr.
Ein endloser Hype ist vorprogrammiert, und weil ein must see, guckt man selber mit, um eben dabei gewesen zu sein, und wartet auf das, was nie eintrifft: auf einen Film mit Seele.

Die Intention scheint klar: maximale Traumindustrie und Eskapismus. Szenen und Bilder, die es auf der Erde nicht gibt, und die dennoch vertraute plots und Naturphänomene wiederkäuen.

Eigentlich sollte alles perfekt werden und dabei eine Weiterentwicklung der Digitaltechnik erwartet werden, aber dem Trailer sieht man dies nicht an.

Entweder war 2009 im Vorgängerfilm bereits alles perfekt (was zu bezweifeln ist), oder die Technik wurde sichtbar nicht weiterentwickelt.

Eigentlich versprechen die Motion capture-Verfahren maximalen Realismus, gerade in der Wiedergabe gleichmäßig beschleunigter Bewegungen.

Ist das so?

In der ersten Einstellung springen menschenähnliche Personen auf einem Steg federleicht wie Flöhe.
Die Haar-Māhne des Hauptdarstellers, der auf dem Drachen reitet, scheint dick verklumpt und sich nicht filigran mit dem Wind zu bewegen.
Ein Darsteller springt auf den Rücken des Drachen, und das so ruckartig, als hätte man im Zeitraffer gedreht.

Das Gesicht der Navi-Darstellerin dagegen enthält mehr Strukturen, gemäß einem natürlichen Alterungsprozess.

Viele selbstverliebte Aufnahmen aus der Vogelperspektive wie bei einem Imax-Naturfilm und dazu eine psychedelisch entrückte Musik: vielleicht ist das auch ein Trick, dass die Zuschauer Drogen zu sich nehmen sollen, um auf diese Weise den Film 100 mal anzusehen und die Kasse zu fluten.

Letztlich findet sich in dem Trailer nicht ein einziges neues Motiv oder eine angestrengte Narration.

Würde es eine Definition von "Kitsch" geben, sie wäre bei AVATAR zur Gänze errfüllt.

Dabei könnte man sich vorurteilsfrei dem Stück nähern, findet aber zu innerem Widerstand gegen diese Art von Manipulation, die jener Regisseur wider jeden Zweifel kalkulierte.





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Jammern gehört zum Geschäft, und so wird nicht zum ersten damit gedroht, weitere Folgefilme würden nicht produziert, wenn dieses Sequel nicht einschlage wie die Bombe.

Langweiliger könnte Filmjournalismus gar nicht sein:

https://variety.com/2022/film/news/james-cameron-end-avatar-franchise-three-films-sequels-fail-1235425232/

Filmgärtner

14.12.22, 10:44 #5 Letzte Bearbeitung: 14.12.22, 10:47 von DCI sr.



Sehr euphorische Anmerkungen eines  affirmativ reflektierenden Filmkritikers, welcher der Rolle der Kritik kaum gerecht wird.

Weder ist die Bildwand des Berliner Zoo Palastes, Austragungsort der Deutschlandpremiere, sonderlich groß (im Vergleich zum einst benachbarten Royal Palast mit 32 Meter Bildbreite und 120 Grad Krümmung - dreifach größer), noch kann man dem 3D-Verfahren ein "zu realistisches" High Frequence Rate vorwerfen, wie in dieser youtube Kritik anklingt.

Entweder ein bildgebendes Verfahren ist fortgeschritten, einwandfrei oder an an einer realistischen Wiedergabe orientiert oder es ist fehlerhaft und stagnativ, ist zu entgegnen.
Dieses Verfahren sah nicht per se realistisch und plastisch aus, wie behauptet, und die Wahrnehmung über die passive 3D Brille ist eher ein Störfaktor, ebenso der Kontrastverlust im Vergleich zum "richtigen Film" (derzeit nur in 2D).

Der kolportierte Szenenapplaus während der Deutschlandpremiere hat nur einmal stattgefunden, als sich das Publikum delektierte an einer Verstümmelung (abgehackter Arm): nicht sonderlich filigran in der Inszenierung, mehr ein Schenkelklatscher.
Wie beim Vorgängerfilm bewegt sich die Bildkomposition aber auch stark am Rande der Kitsch-Fabrikation, Walt Disney nicht fernstehend.
Die weiter avancierten dramaturgischen Bezüge sind zwar auffällig, aber ebenfalls nach dem Reißbrett geplant: exakt kalkuliert nach den Regeln des blockbusters seit "Star Wars" oder "Lord of the Rings".

Künstlerische Avantgarde, formale oder dramaturgische Risiken und Provokationen gibt es in solchen Projekten nicht, am wenigsten bei James Cameron.

Auch die Bildkomposition (diesmal Format 2,4 zu 1 festgelegt als intended aspect ratio) ist wieder etwas klassischer und weniger unbeholfen als im ersten Teil: bleibt aber ganz klar im Muster von 50er und 60er Jahre-Klassikern verhaftet - also ein repetitives Element, aber immerhin ein professionalisierter Versuch und somit in Kadrage und misé en scène kein Neuland.

Der Euphorie muss widersprochen werden, ohne deswegen dieses Sequel zu verdammen.

Es fehlt dieser Kritik filmwissenschaftliche und filmhistorische Tiefe.

Der "erfolgreichste Film aller Zeiten" ist - leidenschaftslos betrachtet - außerdem nicht "Avatar", sondern "Gone with the Wind".


Filmgärtner

17.12.22, 14:22 #6 Letzte Bearbeitung: 19.12.22, 14:49 von DCI sr.
Rezension, welche die kolonialismuskritischen Bezüge aufnimmt und zugleich reflektiert, dass die ästhetischen Mittel des amerikanischen Kriegsfilms zu einer Entmündigung des Publikums führten:

https://utopia.de/avatar-2-die-beste-szene-des-films-muss-uns-endlich-wachruetteln-440947/

https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/meinung-warum-kein-mensch-avatar-2-braucht-100~amp.html

Filmgärtner

21.12.22, 22:44 #7 Letzte Bearbeitung: 22.12.22, 01:46 von DCI sr.
Reaktionen einiger Zuschauer: Technik top - Story flop.

Ein Rückfall in das primitive Weltbild der 1950er Jahre: Illusionierung um jeden Preis - totaler Krieg, bis das letzte  Kind gerächt ist.



Zitat:



Ein Rückfall auch in das Weltbild der 1950er Jahre: Illusionierung um jeden Preis - totaler Krieg, bis das letzte  Kind gerächt ist.



Zitat:


Cameron: Danke! Ich wünschte, jeder würde verstehen, dass Technik eigentlich das Letzte ist, worüber ich sprechen möchte. Ich bin Autor, ich möchte über die Charaktere sprechen, über die Wirkung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand zu Hause sitzt und sagt: "Darling, lass uns ins Kino gehen, die haben eine neue Technologie!'


Doch ist Technik das einzige, was er kann, wirklich gut kann (gelernter Fimkopienfertiger der DeLuxe Laboratories Toronto).

Er möchte Autor sein, scheint aber stark verunsichert zu sein. Und der Reflex: seine eigenen Begabungen zu verleugnen.


Projektionsprobleme:
https://www.engadget.com/avatar-sequels-cutting-edge-tech-crashed-some-movie-projectors-in-japan-094828843.html






A-Cinema

Zitat von: DCI sr. am 21.12.22, 22:44Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand zu Hause sitzt und sagt: "Darling, lass uns ins Kino gehen, die haben eine neue Technologie!'

Aber genau das war ein Argument der DCI-Technologie.

Ich kann mich gut an die Propagandarunde zur Einführung von DCI in Dresden erinnern, bei der ein DCI-vertretender Punker aus Bremen meinte, die Besucher würden in ihrem Kino ständig fragen, wann denn der Film digital käme und nicht mehr mit den altmodischen Maschinen und 35mm Material.

Filmgärtner

Das Publikum hat seinerzeit ganz bestimmt kein DCI gefordert.

Qualitätsdiskussionen erstreckt sich eigentlich stets nur über einzelne Filme und selektive Missstände.

M.E. aber nie um das Durchdrücken eines Kartellstandards der bisherigen Betreiber fester Spielstätten und kommerzieller Großverleiher, ihre bisherigen Geschäftsallianzen hinüber retten wollten, ohne dass es durch die Digitalisierung zu einem Hochkommen neuer Wettbewerber, Anrainer und Konkurrenzen kommt.

Und da dieser Titel, du mir jemand aus Köln schrieb, seit drei Tagen angeblich im Netz angeboten werde als Raubkopie, scheint auch die jüngst angewandte künstliche Intelligenz bei der Verschlüsselung ihr Jericho erlebt zu haben.

Die Weltprobleme 2023 und die deutlich randständigen Probleme der Filmbranche werden meiner Ansicht nach alle Wertmasstäbe und Standards durcheinanderwirbeln.

Zeit für Innovationen.


Filmgärtner

Die Fortsetzung des 2009 gedrehten Films hat zweifellos eine avanciertere Bildgestaltung und Komposition als der Pilotfilm vor 13 Jahren vorzuweisen: man vermutet fast, Breitwand-Klassiker der 50er und 60er Jahre hätten Einfluss genommen.
Und somit zieht man Epigonentum einer noch unausgereiften Bildkomposition von 2009 vor.

Nichtsdestotrotz gewinnt man den Eindruck, der Regisseur kämpfe seit Jahren mit sich selbst im Zwiespalt zwischen Autor und Action-Regisseur.

So war es absehbar und nur eine Frage der Zeit, dass er sich von seinen früheren Terminator-Filmen zu distanzieren beginnt:

https://www.filmstarts.de/nachrichten/1000007530.html

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