Nun hat sich auch noch Georg Seesslen auf eine Seite geschlagen:
https://taz.de/Liberale-und-Saekulare-in-Israel/!5970263/Mit dem Vorwurf an Studenten, Filmstars und Klimaaktivistinnen, die mit ihren "Propalästina"-Losungen "gar nicht abwarten" könnten, bis alle israelischen Menschen und deren Staat verschwunden seien und mit Palästina ein neuer Terrorstaat entstünde, der wie alle anderen die Minderheiten unterdrückte. (Er hat das wirklich so geschrieben.)
Nach Seesslen dürfte es kein Widerstandsrecht vertriebener Völker gegen Apartheid geben, sie haben sich ausschließlich friedlich zu verhalten (während die von uns und den USA unterstützen israelischen Regierungen immer mehr Land erobern und Einheimische verdrängen?)
Seesslen beklagt die Kälte der Propalästina-Demonstranten gegenüber den Hamas-Morden.
Bisherige Opfer auf palästinensischer Seite erwähnt er nicht mit einem Satz (oder hat deren Schicksal vergessen, wie so einige Medientheoretiker und Semiologen?).
Palästinenser seien nach Seesslen allenfalls irgendwie arm, falls ich ihn richtig verstanden habe, sie sollten sich aber weiterhin korrekt verhalten.
Seesslen betont die Hoffnung in die israelische widerständige Zivilgesellschaft gegen Netanjahu, die ebenso wie palästinensische Interessen durch derzeitige Propalästina-Kundgebungen gefährdet seien.
-> Man könnte aus seinen Darstellungen schlussfolgern, dass allein oder im Zweifelsfalle eine erfolgreiche israelische Zivilgesellschaft am Ende auch über das Schicksal der (unmündigen?) Palästinenser entscheiden möge.
Ein manichäisches Weltbild, das um sich greift und um sich selbst kreist.
Da Seesslen seit Jahren über "die Linken" klagt, sei hinsichtlich der sogenannten nationalen Frage einer der Ur-Linken zitiert (Lenin):
»Zu glauben, dass die soziale Revolution denkbar ist ohne Aufstände kleiner Nationen in den Kolonien und in Europa, ohne revolutionäre Ausbrüche eines Teils des Kleinbürgertums mit allen seinen Vorurteilen, ohne die Bewegung unaufgeklärter proletarischer und halbproletarischer Massen gegen das Joch der Gutsbesitzer und der Kirche, gegen die monarchistische, nationale usw. Unterdrückung – das zu glauben heißt, der sozialen Revolution entsagen. Es soll sich wohl an einer Stelle das eine Heer aufstellen und erklären: ›Wir sind für den Sozialismus‹, an einer anderen Stelle das andere Heer aufstellen und erklären: ›Wir sind für den Imperialismus‹, und das wird dann die soziale Revolution sein! Nur unter einem solchen lächerlich-pedantischen Gesichtspunkt war es denkbar, den irischen Aufstand einen ›Putsch‹ zu schimpfen. Wer eine ,reine' soziale Revolution erwartet, der wird sie niemals erleben. Der ist nur in Worten ein Revolutionär, der versteht nicht die wirkliche Revolution.«
Das ist richtig von dem Standpunkt aus betrachtet, dass erst die Lösung der sozialen Frage auch die Fragen von Geschlechtergerechtigkeit, Heimatverbundenheit und des Friedens nachhaltig lösen wird.