65mm-Kameramann Heinz Hölscher verstorben

Begonnen von Filmgärtner, 15.05.21, 17:26

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Filmgärtner

15.05.21, 17:26 Letzte Bearbeitung: 25.10.21, 00:15 von Admin
Bereits am 7. Mai 2021 verstarb einer der Granden des deutschen Nachkriegsfilms, Heinz Hölscher.
35mm-Schwarz-weiß-Produktionen wie "08/15" gehörten eben so zu seinem Ouevre wie Filme in 35mm-Scope wie etwa "Der Ölprinz".
Auch leitete er die Aufnahmen in der ersten deutschen 65mm-Produktion "Flying Clipper", 1962.
Das hierfür nötige Kamerasystem wurde vorher von dem Norweger Jan Jacobsen entwickelt, das 65mm-Originalnegativ bei Technicolor in London entwickelt und kopiert (um 2005 hatte ich die Witwe des verstorbenen Produzenten Rudolf Travnicek, Frau Hannelore Bollmann, angeschrieben und dazu ermutigt, die Originalmaterialien von Technicolor London abzuziehen und vorzugsweise klimatisiert im Berliner Bundesarchiv einzulagern. Das war glücklicherweise auch gelungen).
So manche Zeit- und Budget-Limitierung merkt man "Fying Clipper" aber an Stellen an, in denen das large format-Negativ relativ "dünn belichtet" wurde.
Betrüblich sind die verpassten Chancen in 2009 im Konnex einer 70mm-Retrospektive der IFB, als erfreulicherweise die Neukopierung des Films vom Originalnegativ durchgesetzt werden konnte.
Das Ergebnis war stark blaustichig, es war auch zu dunkel,  auch in den Schatten "soffen die Details ab", wie Filmkopierwerkler in ihrem Jargon zu sagen pflegen.
Für diese neue 70mm-Kopie wurden ganz einfach zu wenige Tests durchgeführt, entscheidend dabei ist aber auch die grundsätzliche Vorfilterung in der Kopiermaschine.
Wie oft bei lang erhofften Klassiker-Revivals wurde die Resonanz aber von einem gewissen "Devotismus" beherrscht (Dankbarkeit gegenüber den Initiatoren und Akteuren um jeden Preis, denn sonst wäre dieser Film angeblich nie wieder entdeckt worden?).
Zu wenig Diskussion, Reflexion und aktive Kommunikation führt dann immer zu einer Festschreibung eines Produkts, das mit richtigem Fachpersonal und auch kritischer Resonanz beim Kunden hätte aus korrigiert werden können.
Herr Hölscher hat sich meines Wissens in diese Streitigkeiten auch schon nicht mehr eingemischt, musste doch schon vor Jahrzehnten von geringen Marktchancen von revivals ausgegangen werden.
Sehr gut ist mir aber die Begegnung mit Herrn Hölscher auf einem 70mm-Festival im Deutschen Filmmuseum Frankfurt am Main 1997 in Erinnerung geblieben, einer der letzten Veranstaltungen zu klassischen Filmformaten, auf denen tasächlich versions- und restaurationskritisch diskutiert und referiert wurde. Eine damals bereits farblich gefadete 70mm-Kopie besaß aber immer noch die typische Eigengradation des Kaltprozesses, die in der Neufassung vermisste Detailzeichnung in den Schatten und auch die Aura einer authentischen Aufführung.
Nach dieser Verkettung von Irrtümern und Nachlässigkeiten von 2009 hatten dann 2017 leider Blu-ray und UHD Disc-Schnellverwerter lapidar eine Abtastung von dieser neuen Theaterkopie vorgenommen, was filmtechnologisch aufgrund schwer anpassbarer GradationuGradation eines anderen Spektrums der nun schlechtest mögliche Weg ist.
Man meinte das Geld nicht ausgeben zu können für eine Abtastung vom Kamera-Originalnegativ, was eigentlich der übliche Weg wäre, aber leider auch, sich mit der vorliegenden, fehlfabrizierten Theaterkopie eine neue Lichtbestimmung zu ersparen. Als Kronzeugen der eigentlich als "Ausschuss" zu bezeichnenden 70mm-Kopie dienten dann sonnenkönigartig sich in Szene setzende Festivalmacher, die dann alles gigantomanisch anpreisen, was  ihnen unter die Hände gerät.
Jüngst soll dieser Fehleinsatz des Abtastens einer Theaterkopie nochmals neu gegradet werden, anstatt konsequent den Schritt zurück zum Originalnegativ zu wagen.
Sehr lobenswert in der letzten Blu-ray und UHD-Disc Version ist aber der Aufwand in der Umspielung der verschiedenen Sprachfassungen des Films, in diesem Falle durch eine renommiertes belgisches Sound Studio.
Heinz Hölscher war nach "Flying Clipper" noch in 65mm an "Der Kongress amüsiert sich" als Kameramann beteiligt sowie 1965 an "Onkel Toms Hütte", für den er das Filmband in Gold erhielt.
Untenstehend noch ein Erinnerungsfoto an Heinz Hölscher von 1997, der ihn bei seinem Auftritt im Deutschen Filmmuseum Frankfurt/Main beim damaligen 70mm-Festival zeigt.