Reanalogisierung der Kinos

Begonnen von Filmgärtner, 17.03.24, 01:02

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Filmgärtner

Lautet eine euphorische Schlagzeile - und bezieht die Hoffnung auf das derzeitige indische Phänomen, dass in vielen Filmtheatern Indiens analoge 35 mm Projektoren wieder aufgebaut werden.
Aus dem Grunde allerdings, weil ein beträchtlicher Teil des Repertoires nicht digitalisiert ist und die Budgets dafür nicht vorhanden sind:

https://jacobin.de/artikel/donald-trump-prasidentschaftswahl-us-wahl-faschismus

Filmgärtner

22.04.24, 16:38 #1 Letzte Bearbeitung: 22.04.24, 16:41 von Filmgärtner
Reanalogisierung streift auch Ambitionen jüngerer Kuratoren auf der Suche nach dem filmischen Original, deren Provenienz zumeist aus dem Bereich der Heimkino-Enthusiasten oder Filmwissenschaften rührt, sodaß sie sich nach der Learning-by-doing-Methode ein analoge Handwerk autodidaktisch aneignen.
Oftmals die einzigen Filmexperten, welche in den großen Staatsmuseen - hier das Deutsche Filmmuseum Frankfurt am Main - noch eingeladen werden in Ermangelung der einst beruflich mit Film Tätigen und auch in Ermangelung verfügbarer Zeitzeugen oder Produktionsmitarbeiter - oder man möchte sich das ersparen und präferiert eine modernere, jugendlicherere und daher auf Identifikation basierende Filmvermittlungs-Rhetorik.

Es verwundert nur, daß dann der Kurator, welcher jahrelang nach Unzufriedenheit mit seinen VHS-Kassetten endlich einmal einen Originalfilm haben wollte, dann ausgerechnet den Sammler, der ihm dies vermittelte, als "dubios" zu bezeichnet: womit u.a. die Filmverpackung gemeint ist, aber auch ein beginnendes Vinegar Syndrome.
Der Sammler könnte ja fortgeschrittenen Alters sein; da sollte man dankbar sein, daß er das Material überhaupt so lange aufbewahrte. Aber nein, an dahinsiechenden oder vergessenen Filmen tragen nicht Rechteinhaber, Archive oder Verleiher die Veranstwortung, sondern der in letzter Instanz noch verbliebene "dubiose Sammler":


Filmgärtner

Gestern um 23:38 #2 Letzte Bearbeitung: Gestern um 23:50 von Filmgärtner
Warum analog besser ist als digital, behandelt dieser Artikel:

"gleichen mit der Genauigkeit einer gut entworfenen analogen Schaltung. Dies ist insbesondere bei allen zeitabhängigen Verarbeitungen von Bedeutung. Der Unterschied ist daher bei Dynamikprozessoren (wie Kompressoren, Limiter, Gate, etc.) viel deutlicher, wo die Genauigkeit der Attack- und Release-Timing-Kurven den klanglichen Charakter der Kompression, Begrenzung, Expansion oder des Gatings entscheidend beeinflusst. Plugins müssen sowohl Audio- als auch Timing-Schaltungen zumindest überabtasten, um halbwegs eine Chance im Vergleich zu haben. (...) Analoge Geräte in der Musik müssen auch nicht irgendwie verschiedene mathematische Kurven zusammenfügen, um Sättigung, Verzerrung und andere Nichtlinearitäten zu simulieren – Dinge, die der digitalen Klangverarbeitung am schwersten fallen, richtig zu machen. Stattdessen kann analoges Equipment genau den gleichen Effekt mit weit überlegener Genauigkeit erzielen, damit kann man perfekt, unperfekte Ergebnisse im Mixing oder Mastering erzielen. Es ist nicht erforderlich Oversampling einzusetzen. Es funktioniert weiterhin, auch wenn Du Deine DAW oder die Plugins aktualisiert hast. Um also angenehme 2. und 3. harmonische Obertöne in Eurem Song zu hören, wenn eine Sättigung bei einer 14-kHz-Komponente eines ,,S"-Klangs, bei einer Abtastrate von 48 kHz auftritt, muss man hier zu drastischeren Maßnahmen greifen. 28-kHz- und 42-kHz-Frequenzen ,,existieren" in 48-kHz-Abtastraten einfach nicht, da sie aufgrund der Funktionsweise der Physik die Nyquist-Frequenzgrenze überschreiten.

Wenn Du nicht aufpasst, dann erscheinen diese höheren Harmonien fälschlicherweise bei 20 kHz und 6 kHz. Wenn das auftritt ist da total schlecht, dieses Phänomen nennt man Aliasing. Hier hört man bei der Verarbeitung eine seltsam metallische oder plastische Qualität. Eine gute Lösung für dieses Pluginpronblem zu finden ist nicht immer einfach und erfordert immer Kompromisse beim Filterdesign und der CPU-Auslastung.

ANALOGE MODELLIERUNG BEI PLUGINS
Du möchtest eine originalgetreue analoge Nachbildung machen? Dann schnall Dich an, denn das wird nicht einfach.

Wir versuchen mal Licht in den Techniksumpf zu bringen und einen grundlegenden Überblick ohne Fachchinesisch zu geben.

Das Modellieren einer analogen Schaltung bedeutet, dass wir herausfinden müssen, wie sich die Schaltungen in Bezug auf die unterschiedlichen Eingangssignalpegel und Frequenzinhalte verhalten, damit wir wissen, was am anderen Ende für eine beliebige Eingabe herauskommt. Es reicht nicht, die Emulation mit einem Testsignal auszuprobieren und das dann für alle Sounds genau gleich zu machen. Man muss es mit unterschiedlichen Sounds machbar machen und es wird zu einem Balanceakt beim Codieren von Plugins.

Um es sorgfältig und richtig zu machen, müssen wir die elektrischen Komponenten dieser Schaltung kennen (Widerstände, Kondensatoren, Transistoren, Röhren, Induktoren usw.) und je genauer das Modell sein soll, desto besser müssen wir diese Elemente beschreiben. Sicher, ein Widerstand ist nur ein Draht, der es nicht mag, wenn viele Elektronen darüber geschoben werden, aber macht er das für alle Arten von Audiosignalen gleichermaßen? Was ist, wenn diese Widerstand in der Nähe eines sperrigen Induktors oder einer überhitzten Röhre vorkommt?

Jedes Mal, wenn wir für jedes Element eine bessere, vollständigere Beschreibung erstellen, um eine höhere Genauigkeit zu erreichen, wird das Hochrechnen innerhalb der VST oder AU Plugins komplizierter. Es kann so komplex werden, dass es entweder nahezu unmöglich ist zu navigieren oder zu schwer in Echtzeit zu berechnen ist.

Man muss wohl nicht explizit erwähnen, dass es viel mehr Entwicklungszeit und somit Geld braucht, um diese Hochrechnung richtig gut funktionieren zu lassen. Deshalb haben viele Plugins eine vereinfachte Version. Und obwohl es in Echtzeit funktioniert muss man sagen, dass auch wenn man darauf mit Abstand blickt, es nur dem ähnelt was eine echte Schaltung kann, denn es fehlt an den wesentlichen Details.

Irgendetwas fehlt in den Audio Algorithmen und das hört man auch. Wenn für Dich bei Deinen Tracks halbe Sachen akzeptabel sind, dann ist alles cool, aber ich gehe mal davon aus das der Großteil von Euch mehr braucht.

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Je genauer diese Annäherungen sein sollen, desto länger und größer sind die Gleichungen, was komplexere Mathematik, längere Rechenzeiten und eine höhere Fehlerquote bedeutet. In den meisten Fällen ist es also ein Kompromiss zwischen Genauigkeit, CPU-Auslastung und geistiger Gesundheit des DSP-Ingenieurs um ein gutes audio Plugin zu entwickeln.. Das sind die fehlenden ,,letzten paar Prozent".

Gehen wir also tiefer rein. Lass uns ein echtes, elektrisches Modell der Schaltung bauen, die wir für den warmen Klang und ihre Tiefe lieben.

Keine Angst, Du musst jetzt nicht drei Semester Elektrotechnik studiert haben um mitzukommen und Du musst auch nicht alles verstehen. Es soll nur die Komplexität echter analoger Modellierung bei Plugins veranschaulichen, damit Du die gut klingenden Plugins noch mehr schätzen und eine Vorstellung davon bekommen kannst, warum es da immer noch so viele Schwächen gibt.

Wir beginnen mit den Kirchhoffschen Gleichungen, die zur Berechnung der Ströme und Spannungen in elektrischen Schaltkreisen verwendet werden, und machen uns an die Arbeit! Nachdem wir tagelang Simulationen ausgeführt und 20 cm lange Gleichungen über mehrere Seiten Papier durchexerziert haben, erhalten wir endlich eine Übertragungsfunktion. 7. Ordnung (weil eine ziemlich kleine Audioschaltung leicht 7 Kondensatoren haben kann). Geschafft?!

Leider geht es so schnell auch wieder nicht. Jeder Kondensator ist auch ein winziger Induktor und hat einen gewissen Leckstrom (Parallelwiderstand) und einen gewissen Serienwiderstand (ESR). Das verdoppelt praktisch die Anzahl der reaktiven Teile in der Schaltung und verdoppelt die Ordnung der Übertragungsfunktion.

Ups, ich hatte wohl vergessen zu erwähnen, dass verschiedene Operationsverstärker unterschiedliche Anstiegsgeschwindigkeiten haben, die sich in einem pegelabhängigen High-Cut-Verhalten niederschlagen. Du hast aber keine Operationsverstärker, nur Transistoren oder Röhren? Parasitäre Kapazitäten, nichtlineare Übertragungsfunktionen, Ableitwiderstände zwischen N- und P-Schicht, .... Die Mathematik scheint mit jedem richtigen Modell, das Du integrieren möchtest, zu explodieren. Dabei hast Du Dich doch so bemüht, was ist passiert?

Induktionsspulen
Ja kann es denn sein, dass ich in diesem schönen Neve 33609 einen Eingangs-, Zwischenstufen- und Ausgangstransformator gesehen habe? Ooooh, einer hat sogar eine Tertiärwicklung – na klasse!

Jetzt bloß nicht aufgeben!

Bevor Du auch nur daran denkst, nur das Übertragungsverhältnis und etwas Sättigung anzuwenden ... gibt es auch eine parasitäre Kapazität zwischen den Wicklungen, die mit der Induktivität der Wicklung, dem Serienwiderstand jeder Wicklung und wahrscheinlich etwas weniger als zehn anderen elektrischen eine Resonanzschleife bildet parasitäre Sidekick-Störungen, die Sie berücksichtigen müssen, wenn Sie sich auf den Weg machen, ein perfektes Transformatormodell zu erstellen.

Die Sättigungs- und Hystereseeigenschaften des Kerns hängen von seiner Legierung, dem Produktionsprozess, der Form, dem Konstruktionsprozess und möglichen physikalischen Mängeln ab, wie z. B. einem unbeabsichtigten Luftspalt in einem Kern, der nicht perfekt zusammengefügt ist.

Einige Transformatoren und Induktoren fangen sogar an, physikalisch Geräusche zu erzeugen, weil die Magnetkräfte sie so weit bewegen, dass Du sie hören kannst. Das ist ein weiterer nichtlinearer Energieverlust, den Du für eine perfekte Vorlage berücksichtigen musst. Im übrigen bezieht sich der oben genannte Text auf Induktoren, die in vielen Vintage-EQ-Designs verwendet werden (z. B. Pultec EQP-1A), in gewissem Maße für Magnetbänder und in vielerlei Hinsicht für Tonköpfe.

DAS NÜCHTERNE FAZIT
Wie wäre es nun, nachdem alle oben genannten Punkte von allen Seiten beleuchtet hat, mit der richtigen Modellierung einer diskreten, transformatorsymmetrischen Vintage-Bandmaschine der Klasse A?

Höre ich da jetzt etwa von Dir, lieber würde ich mich ins eigene Bein schießen?

Tja – wahrscheinlich ist das die einzig richtige Antwort.

Und ich sag Dir auch warum...

Wie Du siehst, haben digitale Audio-Tools die meisten Probleme, wenn es darum geht den Sound gerade nicht perfekt klingen zu lassen. Denn wie es der Zufall will, lieben wir diese Imperfektion irgendwie, weil wir es so empfinden, dass sie die Aufnahmen voller, glatter, wohlklingender klingen lassen –  und damit natürlich subjektiv in vielerlei Hinsicht besser.

Wir haben diesen Sound verinnerlicht in Leib und Seele, den spezifischen Klangeindruck der analogen Geräte, die bei unseren Lieblingssongs verwendet werden. Das liegt daran, dass wir die Songs lieben und die Sounds, die die Ingenieure und Produzenten ausgewählt haben, sie sind Teil einer kombinierten Ästhetik geworden. Wenn Du einen Track erstellst,  sind diese Sounds die Referenz, die Du erreichen und übertreffen willst.

Mit diesem Wissen ist es kein Zufall, dass viele Audioingenieure, die Hybrid-Setups verwenden, zu einem Workflow übergegangen sind, der in etwa so lautet wie ,,digital für Chirurgie und Korrektur, analog für Farbe". Es nimmt das Beste aus beiden Welten und verwendet verschiedene Technologien für Aufgaben, die sie am besten ausführen."



https://www.peak-studios.de/analog-vs-digital/