Anspruch und Widerspruch - so genannte Todd-AO-Festivals

Begonnen von Filmgärtner, 16.02.22, 10:15

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Filmgärtner

16.02.22, 10:15 Letzte Bearbeitung: 16.02.22, 10:28 von Admin
Seit drei Jahrzehnten währen die Diskussionen und Erzählungen und unter Zeitzeugen, aber auch Sammlern und ehemaligen Kopierwerkfachleuten zum 70-Millimeter-Film, wobei neuerdings echt mutig wieder das Wort "Todd AO" in den Mund genommen wird.

Projektoren gibt es wohl immer noch genug, auch Kinos, die aus Marketinggründen dieses Sonderformat hin und wieder recht gerne zeigen wollen (unabhängig davon, wie schlecht die neuen Filmkopien sind, wie "unattraktiv" auch deren Fotografie ist).

Ganz grob geschätzt wieso sich vermuten, dass etwa die Hälfte etwa der Ford 1956 gebauten DP70-Projektoren noch existiert (und irgendwie noch zum Laufen zu kriegen sind, ohne, dass der Film Schaden nimmt).

Ab 1967 wurde das Nachfolgemodell DP75 massiv in Umlauf gebrachtm

Während der erfolgreichen "Hateful 8"-Kampagne wurden bei Boston Light & Sound die Reaktivierung von etwa 100 US-amerikanischen Projektoren vorangetrieben (zwei Dutzend dürften inzwischen neuerlich verschrottet worden sein).

Der etwas wunde Punkt: es fallen einem allenfalls vielleicht zwei Filmkopien weltweit ein, in denen ansatzweise die Attraktivität des Verfahrens, so wie es immersiv in den 60er Jahren erschien, noch erkennbar ist.

Wurden Anfang der 60er Jahre bereits flachere Todd-AO Bildwände gebaut, nähert rsich dies den zunehmend konventionell aufgenommenen Filmen (seit Super Panavision, also fast ohne "Bugeyes").

Im Multiplexen seit 1992  tauchten wieder stärker gebogene Bildwände auf. In Osteuropa stehen noch die älteren Solitäre aus den 70er Jahren in starke Anlehnung an das Todd AO-Vorbild.

Würde man heute Todd-AO-Festivals ausrufen, müssten ehrlicherweise alle Filme in 65mm (und eventuell zusätzlich mit alten Kameras oder speziellen Brennweiten und Optiken) aufgenommen sein und allesamt als Direktkopien angefertigt werden. Oder auf dem alten Eastman-Kaltprozessmaterial hergestellt sein. Nur dann stellt sich der ursprünglich gewollte "Anwesenheitseffekt" wieder her.

Diese Ansätze sind ja seit 1970 zunehmend auseinandergebrochen. Einerseits muss man sich bei sehr alten und gefadeten Kopien imaginär ausmalen, wie die Farben gewesen sind.
Andererseits bei neueren Kopien seit 2020 muss man sich - ebenfalls imaginär - die richtigen Farben vorstellen, zusätzlich aber noch die "richtige" Schärfe vorstellen: eher schwierig kommunizierbar, und es wird auch nirgendwo seriös erklärt.

Freut man sich dann über eine größere gebogene Bildwand, wirken Filme mit heute veränderten Bildwinkeln und Schnitttechniken sehr unruhig und deplatziert.

In dubio res gilt: würden geeignete Todd AO-Kopien und -Filme existieren, von denen in der Neuzeit wieder, etwa seit dem DVD-Zeitalter, wo sie thematisiert werden, geschwärmt wird, würden sich noch einige geeignete Vorführstätten finden lassen.

Wichtig wäre vielleicht, dass nicht Klagen über das Fehlen heute noch geeigneter Kinos & Projektoren das Hauptproblem sind, sondern die völlige Abwesenheit von geeigneten 70mm-Kopien. Sie existieren einfach nicht.