In erster Betrachtung steht das seit 1983 aufkommende Super 35-Format.
Aus zum Stummfilmformat identischen Negativ bei Super 35 wird ausschnittsweise (zumeist für eine Auswertung in 2,39:1) in der Postproduktion eine Ausschnittsvergrößerung bei bewusster Beschneidung des Kopf- und Fußraumes des Aufnahmeformats gewonnen.
Dabei können sich Nachteile im Korn gern verwendeter hochempfindlicher Negativ-Sorten, aber auch Aufnahmeunschärfen in der Theaterdietung auf einer 2,39 zu 1 Bildfläche deutlicher bemerkbar machen als bei einem Film, welcher auf was doppelter Bildfläche im anamorphotischen Scope aufgenommen wurden.
Vorteile für einige Filmemacher also, mit Super 35 flexibler zu sein der Verwertungskette, insbesondere auf Fernsehbildschirmen im seitenverhältnis von weniger als 2,39 zu 1, auf denen jedoch mehr Kopf- und Fußraum des Originalnegativs bei Super 35 zur Geltung kommt, flexibler aber auch bei der Wahl unterschiedlichster Aufnahme Objektive wegen des sphärischen Formats, werden durch Nachteile der Zuschauerwahrnehmung bei größeren Bildflächen relativiert.
Auf was werden als positive Beispiele Bearbeitungen vom Super 35 mm-Negativ bis zur 35 mm-Theaterkopie genannt, oft genug der Actionfilm "Terminator 2" von 1991.
Weniger "T2" aber sollte als Vorbild für sorgfältige Aufnahme und Postproduktion bei Super 35 genannt werden (die 35 mm-Kopien waren auch nicht sonderlich gut, zumeist bräunlich und mit zu flachem Kontrast), sondern mit deutlichem Abstand aufgrund vieler Außenaufnahmen und niedrigstempfindlichsten Materials eher "True Lies" (in Berlin 1995 als deutsche Dup-Version kopiert).
Oft zitierte Aufnahmeschwächen der anamorphotischen Optik waren eher bei Panavision (als beim CinemaScope mit Bausch- and Lomb-Objektiven) die Regel - bis heute bemerkbar -, waren aber bereits bei JDC-Scope oder Todd-AO 35 ausreichend korrigiert worden.
Systembedingte Abbildungsfehler finden sich daher auch bei Super 35. Es sei an Kissen-Verzerrungen bei kurzen Brennweiten zum Rande hingewiesen, welche bei anamorphotischer Aufnahme vermieden werden können.
Unterschiede bspw. bei einer Betrachtung der Theaterkopien auf 35 mm oder auf 70 mm durch Direktvergleich zweier im gleichen Jahr 1988 gedrehter Filme, der eine Titel aufgenommen in Super 35 ("Alien Nation") und der andere in Normalformat mit Lichtton-Aussparung gedreht ("The Abyss"), fielen zugunsten des ersten Titels auf: zurückzuführen auf die zusätzliche Information und Auflösung im Bereich der Lichttonspur.
Das Filmkorn, dass bei Verwendung heutiger Filmmaterialien angeblich keine Bedeutung mehr habe hinsichtlich der Unterschiede zwischen einer Belichtung auf 35 mm-Negativ mit oder ohne Tonspur Aussparung, sieht man immer (auch, um der Legende zu widersprechen, z.B. 65-mm-Todd AO-Filme seien "nahezu kornlos" gewesen), denn das Filmkorn ist deutlich selbst in IMAX erkennbar.
Das Trauma der schlechten Farben und starken Grobkörnigkeit früher CinemaScope-Theaterkopien rührt primär von der damaligen Duplikatkopierung, die erst 30 Jahre später auf bessere Intermed-Materialien zurückgreifen konnte.
Würde man die auf frühem Eastman Color und auf 50 ASA aufgenommenen 35-mm-CinemaScope Filme "The Robe" (1953), "The Egyptian" (1954) oder "Mr. Roberts" (1955) u.v.a auf 70 mm vergrößern und direkt vergleichen mit einer anamorphotischen 35 mm-Produktion in Panavision gedrehten Produktion wie "Interstellar" (2014) auf 70mm, möchte ich das Publikum sehen, welches dann noch für "Interstellar" seine Hand erhebt.