Director's Cut versus Premierenfassungen

Begonnen von Filmgärtner, 03.02.23, 23:32

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Filmgärtner

Nachträgliche Änderungen wenige Monate nach dem Kinostart sind eigentlich Merkmale für die Entmündigung des Kinozuschauers und mangelndes Vertrauen in den Erfolg einer integralen Fassung bereits zu Premiere.

Manche Versionen aber sind aufgrund von Zensur-Einschränkungen in verstümmelten Versionen erschienen.
So auch Pasolinis SALO.

Dennoch hätte man auch ihm eine Wiederaufführung im Kino gewünscht.
Nunmehr wird es also eine Home Cinema Version:

https://www.moviepilot.de/news/einer-der-haertesten-filme-aller-zeiten-ist-in-deutschland-nicht-mehr-verboten-meisterwerk-loeste-weltweit-skandal-aus-1139947



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Anfang 2023 nun auch in Deutschland erschienen ist eine überarbeitete Version von "Star Trek - The motion Picture" von 1980, inszeniert von Robert Wise.

Dabei wurden einzelne analoge Compisits der damaligen Visual-Effects neu zusammengesetzt und digitalisiert: besonders gelungen in der Überflugszene in San Francisco.

Schon vor 22 Jahren hatte es einen Director's Cut gegeben, wenn auch nur auf DVD, in dem einige Einstellungen erweitert wurden - beispielsweise ein Andocken aus dem Nichts auftauchender Steelen bei Ankunft der Enterprise auf dem Maschinenplaneten, über die die Besatzung ihren Gang bis zum Zentrum der Voyager Sonde beschreitet.

Andererseits gab es bereits vor Jahren eine Blu Ray-Disc der traditionellen Kino-Version.
Diese erweist sich nun im Nachhinein als farblich und in den Kontrasten wesentlich stimmiger, ausgezeichnet durch eine hervorragende Lichtbestimmung, bessere Kontraste oder tieferes Schwarz so wie auch einer besseren Schärfe gegenüber der neuen Blu-ray von 2022/23, deren Produktion mithin mit einem Millionen-Etat bezuschusst wurde.
Selbst die alte 2.0 Dolby Surround Mischung geriert sich als harmonischer als die jetzt übersteuerte 5.1 Mischung mit einem unnatürlichen Aufdrehen der Bässe, unter der schließlich auch jedwede Sprachverständlichkeit der deutschen Fassung leidet.

Fazit: leider konnten die Erwartungen an diese digitale Restaurierung nicht eingelöst werden.

Apache Apache

Le Grand Bleu / The Big Blue / Im Rausch Der Tiefe

Also hier bei diesem Film ist die Langfassung total sinnlos auf der Consumerdisc. Er hatte auf chemischem Film acht Filmakte und gut zwei Stunden von der Laufzeit. Aber eine Frage an den Experten hier im Forum. Aus welchem Grund erschien von diesem Film eine amerikanische Filmfassung mit einem anderen Titlevorspann und Soundtrack?

France Version Eric Serra / America Version Bill Conti

Filmgärtner

05.08.23, 11:06 #3 Letzte Bearbeitung: 05.08.23, 11:09 von DCI sr.
Franziska Heller beschreibt mit ihrer Fallstudie die Vermarktung/Musealisierung von Filmgeschichte und die Absorption und Revitalisierung alter Filme über die Remodellierung im Wohnzimmer. Das Außerfilmtheatermäßige als fast alleiniger Versammlungsort für eine Partizipation an der Filmrestaurierung und damit auch an der Heranbildung neuer filmgeschichtlicher Communities.

Inszenierte Parallelisierungen der dem Verfall anheimfallenden Altfilme und ihres Clonens im digitalen Zeitalter haben den digitalen Medien einen warenästhetischen Hype beschert, der im Rahmen einer in sich verschlossenen Filmtheatervorführung weder kommerziell noch filmwissenschaftlich zum Zuge käme und (neben existentiell wichtig bleibenden Traditionalismus) somit auch die Antiquiertheit das Kinowesens bewusst macht.

Hierzu ein kurzer Ausschnitt:

Die Experten-Voice-Over kommentiert: Man könne die Arbeit der Archivare als die eines ,,caretakers" (Hüters, Pflegers) bezeichnen. Die Filme, die damals gedreht worden seien, seien nach ihrer Kinoauswertung weggeräumt (,,put away") und vergessen worden. Aber sie, die Filmarchivare von Universal, sähen sie als unser aller Erbe an; deshalb liege darin eine überzeitliche Verantwortung für spätere Generationen, für unsere Kinder und Enkel – Gregory Peck umarmt hierzu seine Filmtochter in einem Ausschnitt aus To Kill a Mocking Bird (1962); Einstellungen von digitalen Arbeitsplätzen (Scanner, Bildbearbeitung); die Bildschirme zeigen panoramatische Einstellungen von einem Himmel (Abb. 4.19–4.21).

zit. aus: https://brill.com/display/book/9783846764602/BP000012.xml?language=de



Filmgärtner

12.03.24, 00:38 #4 Letzte Bearbeitung: 12.03.24, 08:30 von Filmgärtner
Ein paar Jahre nach seiner Ersterscheinung 1989 wurde "The Abyss" in einer Directors Cut Version auf 35 mm verliehen. Und hatte es bis heute nicht auf eine HD-Fassung für die Fernsehanstalten oder für Blu-ray geschafft.
Nach wie vor konnte man aber die 70 mm- Erstaufführungsfassung zeigen, die leider auf Druck der Fox verkürzt zusammengeschnitten war.
Jetzt im April kündigt sich eine restaurierte Version für den Heimkino-Markt an, in HD und Ultra HD.

Wenige Tage vor dieser Neuerscheinung strahlt der Fernsehsender arte nun in voller Absicht und mit eskalieren Kalkül?) die DVD aus - unter der Plakette von HD.

Arte weiss, dass im kommenden Monat eine HD-Fassung auf dem Blu-ray Markt erscheint und will scheinbar mit aller Entschiedenheit noch einmal Einschaltquoten mit einer verfügbaren Billigversion durchdrücken, die zur Verfügung steht?
Die neue und dramatisch verbesserte Version zu bestellen, dafür sind sie wohl zu arm in den staatlichen Senderanstalten.
Mit Langzeitwirkung: nach dieser DVD-Ausstrahlung würden sie selbst bei späterer Bestellung der neuen Version keine Quote mehr bekommen: weshalb sie dann erst recht nicht angekauft wird.

Fazit: arte hat wieder einmal seine Pflicht und Schuldigkeit getan, vor dem Aufsichtskuratorium breitflächig die Filmgeschichte repräsentiert zu haben, in einer Vielzahl attraktiver "Titel" angeboten zu haben.

Genauso hat es jahrzehntelang auch ein kommunales Kino im ostdeutschen Raum gemacht mit 16 mm-Kopien, weil sie oft keine 35 mm-Fassungen bestellen mochten.

Wirklich eine seriöse Branche.