Praktiken im hybriden Prozess (analoge Aufnahme, Transfer, Ausbelichtung)

Begonnen von Filmgärtner, 28.09.23, 10:17

ᐊ vorheriges - nächstes ᐅ


Filmgärtner

Der eigentlich aus einem amerikanischen Kopierwerk aus Burbank bekannte Blaugrünstich war z.B. in Deutschland bereits vor 25 Jahren schon zu beobachten mit Auslieferung der ersten 35 mm-Kopien, die von Digital Intermediates ausbelichtet waren (A...-Laser), also aus wiederum anderen Gründen als in Burbank, man konnte das bereits am Umroller erkennen.

Als Grund für die Farbverdrehungen der Kinofilmkopien des letzten Vierteljahrhunderts können unter mehreren Gründen eindeutig Verunreinigungsprozesse der Entwicklungsmaschinen herangezogen werden.
Gerade mit Einführung der sogenannten Kit-Chemie, die anfangs tatsächlich die Produktionsprozesse perfektionierte auch im Zusammenhang mit dem Kodak-Image Care-Zertifikat, bürgerten sich spätestens Verschlechterungen ein, nachdem auch die chemikalischen Substanzen nicht mehr von Kodak selber hergestellt worden sondern aus China importiert waren, als nur noch das Kodak-Label auf den Verpackungen klebte.
Ab diesem Zeitpunkt zeigten sich deutlich kürzere Intervalle bei den Verunreinigungen der Entwicklungsmaschinen, die man nunmehr alle vier Wochen generalreinigen musste. Würde das hinausgezögert, traten sofort massive Farbverschlechterungen auf, manchmal konnte es zwei Tage dauern, bis die Entwicklungsmaschinen überhaupt wieder in Betrieb genommen werden konnten.

Die nach wie vor intakten Güten bei fotochemischer Filmaufnahme, wie sie sich ja selbst in Filmen wie "Oppenheimer" noch offenbaren, schaffen es nicht, die Strecke durchzuhalten bis zur Theatervorführung.
Und das hat nunmehr seit einem Vierteljahrhundert, mantramäßig hervorgehoben.

Filmgärtner

THE BRUTALIST in 35mm und 70mm: das neue Highlight brutalster Filmgütenvergewaltigung"?
Weiter so, liebes Hollywood: das Ende wird nicht auf sich warten lassen.

Apache Apache

THE BRUTALIST - 35MM & 70MM

Hast den Film schon gesehen wenn ja dann bitte um einen professionellen Bericht.

Filmgärtner

Erst einmal diese Nacht "überleben" - der Schock sitzt einfach zu tief.

Filmgärtner


Filmgärtner

Vieles mit available light gedreht, die eine Szene erinnert sogar an "Barry Lyndon", genauso unscharf - obwohl seit der NASA-Linse in den letzten 40 Jahren wesentlich fortschrittlichere Linsen auf den Markt gekommen sind, mit denen der Fehler in den Griff zu kriegen ist.
Viele Szenenhintergründe saufen gnadenlos ab, obwohl man weiß, dass ein Teil dieser Ursachen nicht nur im Originalnegativ liegt, sondern sich verstärkt in den Theater-Filmkopien von FotoKem hervortut.
Die Hauttöne waren durchgehend krebsrot, das Grau in den Anzügen kaum neutral zu bekommen, die Farbsättigung drastisch überzogen (ansatzweise genauso, aber in der Quintessenz nicht annähernd so dramatisch sieht es in der digitalen Version aus: man kann sie auch als Trailer sich anschauen).

Keine einzige Szene mit wirklich guten Schärfe-Details, wie man sie wenigstens intentional von VistaVision sich erhofft hätte. Selbst unter Berücksichtigung von Dup-Kopierverlusten gegenüber einer Direktkopie vom Originalnegativ, die bei mehr als 10% liegen würden, würde die Detailauflösung durchgehend nicht so schlecht sein und auch nicht so grobkörnig wie die in der gezeigten 70 mm-Kopie.
Obwohl neben dem großen VistaVision auf 35 mm 8 perf abweichend auch auf 2 perf 35 mm Techniscope der 3 perf Super 35 gedreht wurde, sogar auf 16 mm mit höchst empfindlichem 500 T-Material, treten diese massiven Unterschiede zwischen den Formaten in der schwammigen 70 mm-Kopie kaum in Erscheinung, zu sehr werden die Unterschiede eingeebnet.
Wenn dann auch noch die Farben durch das D.I. und die fotochemische Positiv-Entwicklung "verkreuzt" werden, der Film im großen und ganzen wie ein ganz normales Blow up von Super 35 auf 35 mm-Kopie aussieht, dann sind doch sämtliche guten Vorsätze, die der kulturbeflissene und informierte Regisseur sich auf die Fahnen geschrieben hat (sehr gut noch auf YouTube vorgetragen und auch respektabel hinsichtlich seiner Lieblingsfilme), gescheitert.

Der Film sieht aus wie eine normale 35 mm-Kopie einer amerikanischen Massenproduktion aus den 1980er Jahren, auf dem damals gängigen, älteren (und auch noch auf dem Kaltprozess beruhenden) Duplikatnegativ hergestellt (ich meine nicht die seltenen Direktkopien). In der brandneuen 70mm-Kopie allerdings mit deutlich schlechteren, nahezu unerträglichen Farben und Kontrasten.
Wenn schon dieser Unterschied zu normalen Filmkopien vor 40 Jahren nicht erkennbar ist oder sogar noch negativer ausfällt, fragt sich, was der ganze Aufwand sollte?
Und warum es nirgendwo eine kritische Berichterstattung gibt?

Sind alle mittlerweile erblindet oder kognitiv subordiniert? Oder handelt es sich um ein auf Nostalgie beruhendes, solidarisches Schweigen, den guten Ansatz stets positiv abzunicken, egal wie entsetzlich das Ergebnis ist?



Filmgärtner

Trüb, farblos, undetailliert, kontrastschwach - um Lichtjahre unterhalb des Dämmerungs-Sehens:


Und was daran soll jetzt durch 35 mm- und 70 mm-Kopien verschönert werden?

Apache Apache

Also von diesen heutigen chemischen analogen Filmkopien braucht man da nicht viel an farblich perfekte Bilder zu glauben weil auch digital bearbeitet und das schon bei den Aufnahmen.

Filmgärtner

Darüber herrscht aber in der Branche einvernehmliches Schweigen.

Apache Apache

Zitat von: Filmgärtner am 12.02.25, 00:53Darüber herrscht aber in der Branche einvernehmliches Schweigen.

Und was bitte gibt es da genau zu verschweigen etwa die traurige bildtechnische Wahrheit.

Filmgärtner

Ja, man möchte sich das Geschäft nicht verderben lassen und würde irgendwann selbst Blank-Film zeigen, wenn Leute dafür Tickets zahlen.

Eine Hohn auf die Besucher und die Konsumenten.