Probleme in der Lichttonherstellung bei Filmkopien

Begonnen von Filmgärtner, 13.08.23, 14:09

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Filmgärtner

13.08.23, 14:09 Letzte Bearbeitung: 13.08.23, 14:16 von DCI sr.
Zuletzt breiteten sich Gerüchte in Fachforen aus über die schlechte Qualität von Lichttonspuren, am Beispiel einer 35mm-Kopie aus den 1990er Jahren mit Dolby SR-Kodierung.
Zumeist hat dies die Ursache in einem Fehler der Überprüfung der Schwärzung der Lichttonspur.
Spekuliert wurde allerdings über einen seitlichen Versatz der Tonspur.

Versetzte Tonspuren hat es durchaus gegeben, vor allem bei Schwarz-Weiß-Filmen und gelegentlich bei Kopierungen über Debrie Greifer-Kopiermaschinen sowie über die alte Eurocordkamera noch in den 1970er Jahren.
Wie etwa bei moderneren Westrex Lichtton-Kameras und andererseits Bell and Howell Kontakt-Printern ein Tonspurversatz fabriziert werden soll, diese Erklärung ist man wohl schuldig geblieben.

Filmgärtner

15.08.23, 19:46 #1 Letzte Bearbeitung: 18.08.23, 18:16 von DCI sr.
Auch ältere Westrex-Lichttonkameras (vor 1984 produziert) stellten eine deutliche Verbesserung gegenüber ältereren Eurocord- oder auch den Picot-Kameras dar.
So hörte sich der Lichtton über Eurocord-Kameras oftmals knorrig verzerrt an.
Ältere Westrex-Kameras wurden entweder für Intensitäts-Schrift oder für Zackenschrift eingesetzt, und gerade bei der Sprossenschtift limitierte sich der Frequenzgang dann bei 5 kHz.
Im Münchner Raum dürften ältere Westrex's vornehmlich für 16mm und 35mm-Mono-Lichtton verwendet worden sein, aber nicht mehr zur Dolby SR-Zeit. In ausländischen Kopierwerken modifizierte man sie aber für SR-Lichtton und Dolby-Digitalton.
Die Begrenzung des Frequenzgangs in den Höhen bei Eurocord auf bis zu 8,5 kHz und bei Picot 50 bei ggf. 5 kHz hatte aber auch Gründe in der Begrenzung der Tonnegativmaterialien, die über 5 kHz nicht auflösen konnte. Diese Kameras waren chlechter als Eurocord und problematisch für eine Stereo-Lichttonspur, weil dort mit zwei Lampen (anstatt einer) L und R belichtet wurde: Grund für den verrotzten Lichtton bie Dolby A.

Bereits in den 1950er Jahren schrieb die BSG den Mosaik-Studios vor, auch auf der Vorstufe des Lichttons, den magnetischen Perfobändern, den Frequenzgang zu begrenzen und mischte selber den Monoton nur bis 9 kHz: nur so konnte das Klanggleichgewicht bis zur Mono-Lichtton-Kopie in den Kinos gewahrt werden.
Die Picot-Lichttonkameras wurden somit nur für 16mm defakto ernsthaft genutzt, in diesem Format auch mit akzeptabler Tonqualität. Verhindert wurde der Einsatz der Picot in den Mosaik-Studios aber auch durch die BSG, weshalb niemals ein mit Picot erstelltes Lichttonnegativ für den Export (etwa in die USA) zugelassen war. Anwendung fand die Picot bei der Mosaik oder bei Contrast-Film beim 35mm-Format nur dann, wenn auf diesem ein 16mm-Doppelnegativ belichtet wurde oder für den Lichtton auf CRI-Negativen.

Und erst Ende der 1960er Jahre verbesserten sich mit der Herausbringung des SD6-Tonnegativs die Voraussetzungen für die Lichtton-Herstellung. Für Dolby Digital mußte 1992 sogar eine völlig neue Tonnegativ-Type fabriziert werden (übrigens auch von Agfa Gevaert, denn das Kodak-Negativ war deutschen Kopierwerken zu teuer)

Unterschiede bei der Mischung und Überspielung auf Cord-Bändern zeigten sich auch in der Verwendung unterschiedlichen Equipments: in der Bavaria arbeitete man mit Siemens/Bosch-Geräten, bei Contrast Berlin mit Neumann-Bandspielern.

Weniger also als die Physik der Tonkamera, mit Galvanometer oder mit Bändchen betrieben, wirkt sich daher das Tonnegativ aus resp. auf die Tonqualität: entscheidend ist der ständig wechselnde Umgang mit der Belichtung: so wurde eine spezielle Schwarzweiss-Entwicklung notwendig mit niedrigem Grundschleier und steiler Gradation. Permanent mußten bis zuletzt Stufenproben für das Negativ und auch für das Positiv in 50-Hertz-Abstufungen durchgeführt werden und die Schwärzungen nachgemessen werden: auch dies kann ein Grund für schlechte Tonqualität selbt bei einem neueren Dolby-SR-Titel sein. Als herausfordernd erwies es sich dann in den Kopierwerken, ein fremdes, nicht im Hause hergerstelltes Lichttonnegativ zur odern (für eine Nachkopierung etc.).

Schon beim amerikanischen Technicolor-Druckverfahren zeigten sich die schlimmesten Resultate - mit der größte Schwachpunkt des Verfahrens: mal war die Tonspur schwar, mal glockenhell-vergraut (ein Zusammenhang mit der Bildstrich-Nachbelichtung besteht, da beide oft gleich aussahen): ist die TC-Tonspur zu hell, beginnt der Ton zu "rotzen".

Apache Apache

Dolby SR & Dolby A

Schlecht war da wohl eher die miserable Einmessung der Tonanlage in vielen Kinos und kein mangelhafter Lichtton. Und im Cinedom klang in den neunziger Jahren der Lichtton viel besser als dieser heutige leblose Digitalton.

Filmgärtner

Das war dann mit Einführung der Dolby Ära so, dass das meiste im Kino Betrieb gelitten hatte, aber nicht mehr durch die Herstellung der Lichttöne: dies hatte man weitgehend in den Griff bekommen.

Filmgärtner

17.08.23, 02:23 #4 Letzte Bearbeitung: 19.08.23, 13:09 von DCI sr.
Zu Zeiten von Contrastfilm, betrieben von Herrn M.W., wurde 1984-1985 sehr teuer eine Westrex-Kamera gekauft, und, ihr davorgeschaltet, hatte ein Nuoptix-Aggregat die Aufgabe,Schärfe und Spurlage, Intensität usw. der Lichttonkamera voreinzustellen. Es wurde natürlich in Zeiten vor der Einführung der digitalen Lichttonspuren noch ein Bandspieler (älterer Typ ... eventuell MW50, frage ich mich heute?) installiert. Bei der Erstinstallation waren innerhalb der ersten 4 Tage nach Installation die ersten Tonnegative kopierfähig!

Bis 2000 wurden mit der Westrex-Kamera und dem, selbst zu der Zeit hin und wieder noch in Betrieb genommenem Nuoptix-Aggregat Lichttonnegative hergestellt. Die Westrex-Lichttonkamera wurde aber 1993 auch auf DTS und SDDS, SR.D umgebaut.



Manche Lichttonnegative von Geyer, die verworfen worden waren, hatte Contrast für Geyer neu hergestellt, weil Dolby-Lichttonnegative, die wie auch anderswo mit der Picot-Kamera erstelllt worden waren, oft fehlerhaft waren. Sie wurden also bei Contrastfilm neu hergestellt z.B. für JURASSIC PARK.

Zur Frage, warum 1984 in einem Berliner Filmkopierwerk die Westrex-Lichtton-Kamera mit Dolby-Fähigkeit erworben wurde?

Die Westrex-Lichttonkamera bei Contrastfilm konnte erstmals auf 610m-Rollen belichten (bislang waren nur 250, 300 bis 500 Meter möglich), was für den Kopierwerks-Betreiber die Voraussetzung zu deren Anschaffung war. An kein anderes Kopierwerk durfte diese "Sonder"-Version für die ersten drei Jahre ausgeliefert werden (d.h. im Zeitraum bis ca. 1989). Ein Exklusivertrag mit Westrex wurde geschlossen, nach dem Lichttonnegative ohne Koppelstelle hergestellt werden konnten, womit u.a. für die Technicolor-Kopierwerke Dolby-Lichttonegative angeboten werden konnten, die für die Massenkopierung in höherer Geschwindigkeit risikoärmer kopierfähig waren (u.a. "Schweigen der Lämmer" und Orion-Filme. "Schweigen der Lämmer" habe ich zuderzeit nicht kopiert, aber in der dt. Premiere in der Kongresshalle/IFB vorgeführt und kann die gute Qualität bestätigen.) Aber auch für Bavaria wurden exklusiv Lichttonnegative hergestellt - eigentlich für fast alle Kopierwerke in Europa: immer dann, wenn "Klebestellen 600m-Rollen" gewünscht waren für die Massenkopierung mit erhöhter Geschwindigkeit.

Auch deshalb wurden für andere Kopierwerke bei Contrast-Film hochqualitative Lichttonnegative belichtet, da diese (dort arbeitend einige Schwarz-weiss-Film-Experten aus den Mosaik-Studios mit ihrer eigenen Tonabteilung) speziell und kontrastreich bei zugleich niedrigem Grundschleier entwickelt werden konnten (d.h., daß die Entwicklung dort somit auch für Tonnegative oder High-Contrast-Material optimal hergerichtet war).

Bei Contrast-Film gab es zahlreiche Dolby-Einheiten, das Nuoptix-Aggregat, Tonköpfe und Bandspieler für fast alle Anwendungen.

Die 3-Kanal-Master gab es auch, dann eben für die Sondertitel ohne Surroundton.

2-Kanal-Master auf 35mm-Perfoband gab es zum Beispiel bei den O-Tönen von "Schindlers Liste".

16mm-Dolby-Master funktionierten ebenfalls einwandfrei.

Der Einleger der Perfobänder oder an der Lichttonkamera hatte keinen Einfluss auf die Mischung, konnte aber zur K ontrolle abhören.

Vor der Lichttonkopierung hörte man sich einen kompletten Akt auf Perfoband an. Nebenan, gleich die Tür durch, war eine Mischung, wo man dann z.B. Herrn Beusen hinzuziehen konnte, der die Abhörung vornahm.

Dann wurde der ganze Film auf Lichttonnegativ kopiert.

D.h.: von der gesamten berseits aufgeführtem Variante der Spur- und Kanalbelegungen.


Erst etwa 4 Jahre später war der Zwang zum matrizierten 2-Kanal-Master ("Lt/Rt" in der Neusprache) fest verbindlicher Standard! Auch das 35mm-Perfoband, weil die Amerikaner mit 17,5-Perfobändern nicht umgehen koonnten.

Somit war bei Contrast-Film alles praktizert worden und funktionierte auch aufgrund der dortigen Arbeitsweise, die Hand in Hand ging.

Wenn darüber keine Fachliteratur berichtet, so ist es kein Sonderfall, dass Einführungsphasen und Sonderlösungen eines Systems keine öffentliche Resonanz fanden.

Filmgärtner

Ein Report mit Berufung auch auf Informationen von Ioan Allen streift die frühe Zeit des Dolby Stereotons, auch unter Nennung und Abbildung einiger Lichttonkameras:

https://www.local695.com/magazine/when-sound-was-reel-8-dolby-noise-reduction-in-the-70s/

Filmgärtner

Je nach zu hoher oder zu niedriger Schwärzung kann es zu einer Zuschüttung oder Aufhellung der Zackenspitzen kommen. Die Folge ist dann auch neben Verzischungen ein Übersprechen in andere Kanäle.
Auch durch die Serienkopierungen mit hoher Geschwindigkeit (ab 980 feet) steigt die Gefahr der Unschärfe der Tonspur und das Reduzieren des Frequenzgangs runter auf bis zu  2 bis 3 kHz als obere Grenzfrequenz.
Da eine Neueinstellung und Nachjustage der Spurlage der Lichttonkamera nicht nötig ist, erübrigt sich jeder Spekulation um das Verlassen der Null-Linien, die zudem mit Messmikroskopen eindeutig festlegbar sind. Die am Anfang und Ende einer Rolle zu findenden Meßtöne wurden nach der Entwicklung abgeschnitten, im Messmikroscope überprüft und einbehalten für das Fall von Reklamationen.

Filmgärtner

Keine Probleme, sondern ein Einführungsvortrag zum Thema Lichton, aber wieder nur aus der Perspektive der Filmwiedergabe:

https://youtu.be/tg--L9TKL0I?si=flywOs1ZWMmeL-uQ