Politische Brennpunkte

Begonnen von Filmgärtner, 01.03.22, 01:21

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Filmgärtner

06.09.23, 00:07 #30 Letzte Bearbeitung: 08.09.23, 03:06 von DCI sr.
Gesicherter Atomschlag?

Es gibt die konventionelle Überlegenheit von drei 3:1 der NATO gegenüber der russischen Föderation. Die nukleare ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Aber dies sind keine neuen Erkenntnisse.

Um Russland zum "Aufgeben" zu zwingen (in der Intention, die russisch-freundliche Ostukraine wieder unter die Verwaltung von Kiew zu stellen und die Krim der NATO zu überlassen) soll nun die Überlegenheit im Luftkrieg die Wende herbeiführen.

Wie sieht man das in Russland?
Nach Umfragen sind über 90% der Bevölkerung dieses Landes von einer Intervention in der Ukraine überzeugt, von links über die politische Mitte bis rechts. Allenfalls die bolschewikische Linke lehnt die Intervention in der Ukraine ab, weil in dieser lediglich russische Imperialisten gegen amerikanische Imperialisten kämpften, ähnlich der Devise Lenins von 1918, der den Ersten Weltkrieg beendete (das kann man moralisch nachvollziehen, sofern man den kapitalgestützten Imperialismus ablehnt).

Die russische Militär-Doktrin sieht bei einem Angriff auf das Staatsgebiet den Einsatz von Kernwaffen vor.
https://www.unsere-zeit.de/mit-nato-raketen-schneller-zum-atomkrieg-4782794/

Aufgrund welcher Begründung sollte der russische Generalstab in der Bevölkerung durchsetzen, auf diesen Einsatz zu verzichten?

Weitere Frage: was würde man selber, etwa als russischer Bürger, empfinden?
Vermutlich würden selbst Familienmütter und Familienväter den Nuklearschlag, in dem Glauben, dass allein dieser Präzedenzfall die Eskalation zum Stoppen bringt, instinktiv begrüßen - denn anders würde eine westliche Einmischung nie enden, würde die Argumentation lauten (eine permanente Intervention, die bereits 1917 durch Frankreich, USA Spanien begonnen hatte und von Ronald Reagan auf die Spitze getrieben wurde). Der begleitende mediale Rummel russischer Staatsmedien ist bereits seit Monaten am Kochen.

Würde eine rebellierende Bevölkerung (tatsächlich gegen Oligarchie, orthodoxe Kirche und gegen Kapitalismus eingestellt?) die Moskauer Zentralregierung nach ersten Raketenschlägen der westlichen Allianz auffordern, sich aus der Ukraine zurückzuziehen, die Krim und schließlich auch den Kreml zu räumen?

Spiegelt das Vorrücken der NATO, die Einmischung Viktoria Nulands (seinerzeit stellvertretende amerikanische Außenministerin) am Majdan und die Intervention von vielen tausend US-Militärberatern seit 14 Jahren nicht die Absicht der US-Administration wieder, die Vorherrschaft in Europa über die verankerte Verfügbarkeit von Frankreich, Deutschland, Polen und der Ukraine zu sichern?

Ist nicht die EU für die US-Wirtschaft gleichermaßen gefährlich wie eine prosperierende russische Wirtschaft - profitiert man nicht latent von der Spaltung beider Blöcke? (Simpler Kapitalismus.)

Weder Russland noch eine andere Grossmacht ist in den letzten Jahrzehnten so nah an das Territorium der etwa der USA herangerückt, wo auch nie Rede von einem Regierung in Washington war (was eine ebenfalls diskutable Überlegung wäre).

Sowohl die teilnehmenden Staaten auf der BRICS-Konferenz in Johannesburg wie auch China können Russland schwerlich fallen lassen, selbst wenn ihnen ein amerikanischer Deal in Aussicht gestellt würde.

Die russische Wirtschaft hatte 2022 ein Wachstum für 1,5 %, Deutschland ein Minuswachstum ähnlicher Größe: der Wirtschaftskrieg gilt für Westeuropa als verloren.

Die Zentralmacht in Moskau könnte also annehmen, dass selbst ein begrenzter Atomkrieg (welcher schwerlich zu kalkulieren ist - aber seit den 70er Jahren träumen die Supermächte von diesen Szenarien, insbesondere Washington) eine Kapitulation abwendet, schockiert auch von strategisch naheliegenden Bündnispartnern.

Dies deutet womöglich darauf hin, dass begrenzte Raketeneinschläge auf russisches Gebiet und die jetzige Lieferung von deutschen Marschflugkörpern die russische Haltung noch weiter verhärten und die eigenen Fehler des Westens bei Sicherheits- und Abrüstungsabkommen der letzten 30 Jahre zum höhepunkt führen, obwohl vielmehr die Rückkehr zum Minsker Abkommen und die sofortige Erklärung der Neutralität der Ukraine eine wirkliche Wende herbeiführen könnte.

Ex-Nato-General Kujat hält einen Sieg in diesem Krieg für ausgeschlossen: Ab 12:10


Für das Staatsgebiet der Ukraine erwartet bspw. Der ehemalige SPD-Bundesminister und Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi ein neues Palästina, welches über Jahrzehnte hinaus zu einem Terrorismus auf beiden Seiten führt, der sich auch auf Westeuropa ausbreiten könnte. Dohnanyi war ebenso wie Kujat an NATO-Manövern beteiligt.


Von Beiden ist nicht anzunehmen, dass sie je Freunde entweder eines roten Russlands oder andererseits eines oligarchisch- kapitalistischen Russlands oder gar eines feudalistisch-klerikanen Russlands waren. Sondern eher nüchtern von der militärischen Sicherheitslage ausgehen aus dem Blickwinkel, wie damals Brandt und Bahr ihn geteilt hätten.
Frau Dr. Puglierin vertritt in dieser Runde dagegen einen einsatzfreundlicheren, aber auch moralisierenderen Standpunkt. Vermutlich glaubt sie sich auf der Achse des Guten.


Der Westen könnte dem entgegen sagen, "wir ziehen unsere Unterstützung am Kriegsgeschehen zurück, wenn Moskau bereit ist, die Neutralität der Rest-Ukraine zu versichern und Uno-Blauhelme zur Überwachung ins Land zu lassen".
Daraufhin würden die Waffen schweigen.

Stattdessen steuert das derzeitige Szenario auf einen point of no return und auf eine Verkettung von Eskalationen zu bis zum nicht mehr verhinderbaren Einsatz von Nuklearwaffen.

Filmgärtner


Apache Apache

Hoffentlich ist das bald zu Ende dort mit diesen Angriffen.

Filmgärtner

21.09.23, 09:06 #33 Letzte Bearbeitung: 15.10.23, 20:26 von DCI sr.
Deswegen nicht zuende, weil Rüstungs- und Energieindustrien am Gemetzel verdienen: auf allen Seiten.

Ein asymmetrischer Stellvertreterkrieg von Regierungen, die von ihren Völkern so gewählt wurden, wie sie sind.

Die Geschichte wiederholt sich.

Filmgärtner


Filmgärtner

Amerikanische Dissidenten:


Filmgärtner

10.10.23, 23:59 #36 Letzte Bearbeitung: 12.10.23, 01:57 von DCI sr.
Scheinbar erstrecken sich die Kriegshandlungen auf die russischsprachigen Gebiete. Vor 10 Jahren hatte der damalige und heutige Staatschef die Situation der russischsprachigen, teils diskriminierten Bevölkerung in den Gebieten außerhalb der heutigen russischen Föderation als untragbaren Zustand apostrophiert.
Im weiteren fokussieren sich die Kriegshandlungen nicht mehr auf die Hauptstadt, d.h. das im Westen liegende Kiew.
Ein schlüssiges Bild über realistische Kriegsziele wurde in unseren Medien nicht kommuniziert: eher Warschau und Berlin als nächste Angriffsziele heraufbeschworen.

Warum nicht vor Ausbruch der Kriegshandlungen eine omnilaterale Verständigung gesucht wurde, gegebenenfalls das Land für neutral zu erklären, gilt es einmal herauszufinden.

Und wer Interesse daran hatte, diese Neutralitäts-Variante zu torpedieren.

Filmgärtner

12.10.23, 02:08 #37 Letzte Bearbeitung: 13.10.23, 12:04 von DCI sr.
https://www.fr.de/politik/ukraine-nahost-israel-krieg-usa-kongress-hilfe-unterstuetzung-waffen-selenskyj-deutschland-zr-92571117.html

Einmal von einer anderen Seite her betrachtet, ist das massive Hineinstopfen von Militärhilfe für die USA interessierende, strategisch wichtige Länder (Ukraine, Israel) ein Beweis der Schwäche.
Die amerikanische Außenpolitik hatte zuvor versucht, dort Verbündete zu finden: nicht aus demokratischen Gründen, sondern um die dort angrenzenden Nachbarstaaten zu destabilisieren. Um in instabilen Vielvölkerstaaten zu intrigieren, die unter steigendem amerikanischen Einfluss noch viel weniger ihre Konflikte lösen konnten.
Diese Entwicklungen waren absehbar und wiederholen sich seit 1946:
Hass und Feindschaft wuchsen in diesen Ländern immer weiter an. Es lag jedoch stets in der Macht der USA, gegenzusteuern und die Konflikte abzubauen.
Haben die USA das getan?
Etliche unterstützte Koalitionäre wurden Jahre später, nach denen Ihnen zur Macht verholfen worden war, durch direkte Interventionen wieder abgesetzt, oftmals ein politisches und kulturelles Vakuum hinterlassen, stets aber günstige Öl-Belieferungsverträge abgeschlossen.



Filmgärtner

16.10.23, 09:48 #39 Letzte Bearbeitung: 17.10.23, 00:59 von DCI sr.
Abweichende oder minderheitliche Meinungen in den USA (Robert Kennedy Junior):

https://fb.watch/nID5q79rZg/


Russische Propaganda:

https://fb.watch/nJukx3zsdQ/

Filmgärtner

16.10.23, 10:12 #40 Letzte Bearbeitung: 17.10.23, 00:34 von DCI sr.

Der Mord- und Hassanschlag auf Israelis wird in seiner emotionalen Bösartigkeit als schlimmste Tat nach dem Holocaust verglichen, als Progrom.
Hat andererseits (zur Stunde) noch nicht dessen "quantitatives" Ausmaß erreicht und weist eine andere Vorgeschichte auf.

Vor 30 Jahren gab es das (heute für gescheitert erachtete) Osloer Abkommen mit Clinton, Arafat und Rabin.
Geschichtlich zurückzufallen hinter den Stand dieses Abkommens und gemeinsamer israelisch-palästinensischer  Organisationen oder auch Kulturkooperationen der letzten Jahrzehnte und allein der militärischen Lösung das Wort zu reden, kann und wird keine Lösung sein.
Technisch ist die israelische Armee hervorragend gerüstet, um den Staat zu erhalten. Hat man aber gleichermaßen Anstrengungen unternommen auf den Gebieten, die den Ureinwohnern ein Territorium zubilligen, womit zugleich auch Feindschaften zu anderen arabischen Nachbarstaaten abgebaut werden könnten?

Man gewinnt den Eindruck, als würde die nächsten Monate nicht lösungsorientierte Politik, sondern eine asymmetrische Welle an Vergeltungsmaßnahmen die Oberhand gewinnen.

Aus einer Tragödie könnte dennoch eine Lösung geschaffen werden. Defakto haben aber auch die USA an ihrem Verbündeten Israel ein stärkeres Interesse als an einem (hinsichtlich auch möglicher Militärstützpunkte) unberechenbaren neuen Palästinenserstaat.

Ein niemals hundertprozentig sicheres Israel hat somit auch für die USA den Vorteil, als Schutzmacht unabdingbar zu sein.



Filmgärtner

Ein Plädoyer auch für Palestina:


Womit jeglichem Terror ein gesichertes Ende beschert wäre.

Filmgärtner

Nach Auffassung des SPIEGEL verbreitet Greta Thunberg krude Ideen, die das Massacker der Hamas rechtfertigten. (Nach Auffassung anderer Presse-Beobachter liegt jedoch der SPIEGEL gleichauf mit einer uneingeschränkt zionistisch  parteinehmenden Auffassung der BILD-Zeitung:

https://www.spiegel.de/politik/greta-thunberg-und-ihr-gaza-posting-wie-die-umweltikone-das-klima-vergiftet-spiegel-leitartikel-a-0c6d15cd-fb28-445b-a8c3-94d064b85b8b

Filmgärtner

31.10.23, 23:08 #43 Letzte Bearbeitung: 31.10.23, 23:24 von DCI sr.
Otto Schily, der in dieser Woche sich lobend über den derzeitigen Bundeskanzler, seinen Parteifreund Scholz äußerte hinsichtlich des Auftretens zur Nahostkrise, vertrat im März 2022 hinsichtlich der Ukraine-Krise ein bemerkenswert andere Position:
https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus237433887/Otto-Schily-zum-Ukraine-Russland-Krieg-Die-Loesung-ist-das-Modell-Schweiz.html

Filmgärtner

03.11.23, 00:16 #44 Letzte Bearbeitung: 03.11.23, 00:26 von DCI sr.
Nach Auffassung eines russischen Ökonomen entspricht das gesellschaftliche Modell Russlands prototypisch dem Faschismus, geradezu deckungsgleich mit Mussolinis System:

https://www.nzz.ch/meinung/wladimir-putin-ist-ein-faschist-wie-er-im-lehrbuch-steht-ld.1673256

Doch scheinen Komponenten des Rassismus oder die Deklaration von Sklavenvölkern darin zu fehlen, die Eroberung tatsächlich neuer oder weit entfernter Kolonialgebiete und auch fremdsprachiger Völker und eine zigtausendfache Hinrichtung inländischer Regimegegner oder das Verbot anderer Sprachen (so wie etwa die russische Sprache in der Ukraine von Selenski verboten wurde).

Der Autor fordert als einzige Lösung den sofortigen Regimewechsel in Moskau - was aber von der inländischen Bevölkerung kaum bewerkstelligt würde, sondern nur von den Amerikanern durchgeführt werden könnte.
Die hierzu eingeladen sind?

Hätten nicht bereits vor 20 Jahren seitens des Westens größere Bemühungen hinsichtlich von Verträgen, Abkommen und Sicherheitsarchitektur getätigt werden können? Denn zumindest an diesen Punkten ist unstrittig, dass der Westen sich für diese Themata zunehmend weniger interessierte.


Den Anlass für den Ausbruch des Krieges sieht hingegen der ehemalige Bundeskanzler Schröder in einer Intervention der USA: er bezeugt den Abbruch eines möglichen Abkommens zwischen Ukraine und Russland, zu welchem beide näherungsweise bereit waren. Welches nach einem Einspruch der USA, dem sich Kiew gebeugt haben soll, dann als letzte Chance verspielt wurde:

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/schroder-ukrainer-durften-keinen-frieden-vereinbaren-li.2151502