CinemaScope 55Von beiden Spielfilmen erschienen 2014 neue Blu ray Disc-Versionen:
THE KING AND I hatte man noch nie so scharf auf HD gesehen, aber es enttäuschen auch verzerrte Hauttöne im Braunton, es gibt kein wirklich schönes Blau im Himmel usw. (zu erwähnen die Szene mit dem Segelschiff am Anfang in Signifikanz). Wurde nun erstmalig ein 55-mm-Originalnegativ gescannt? Aber auch die damalige deutsche 35-mm-Dupversion DER KÖNIG UND ICH [massiv in den Songs gekürzt] war ähnlich beeinträchtigt, etwa mit verfärbtem Weiss.
CAROUSEL: farblich deutlich gegenüber der vorigen Version verbessert, wobei die Verbesserung der im Original eingeschnittenen Dups angeblich Probleme bereiteten, und somit fällt dieser Film farblich hinter KING AND I zurück.
Beide Titel, THE KING AND I and CAROUSEL sahen kornloser und schärfer als alle bisherigen Todd-AO-Transfers, die ebenfalls von hervorragender Güte waren. Das bedeutet: "CinemaScope 55" hätte das Breitfilmverfahren mit den grössten Potentialen werden können.
2014 ergaben sich dennoch neue Fehler während der Digitalisierung von THE KING AND I: die eine Bildseite bei KING AND I ist auf diesem Transfer unscharf. THE KING AND I weist zudem verkreuzte Farben auf, die Hauttöne der Deborah Kerr ähneln Schiffsplanken und das Himmelsblau ist verfärbt.
Beide Negative (CAROUSEL und KING AND I) waren zudem 2014 schwer beschädigt vorgefunden worden, es zeigten sich alle 30 cm über ein Bildfeld Perfoeinrisse. Die optischen Printer früherer Umkopierungen auf 35mm Interpositiv können als abenteuerlich erachtet werden. Allerdings wird nun festgestellt, eine frühe Abtastung für den DVD-Vertrieb um 1996 direkt vom 55-mm-Kameranegativ (2004 noch als in gutem Zustand von Restaurateur Schawn Belston erachtet) sei ursächlich für Perforationsbeschädigungen.
Als Belege hierfür werden folgende Reportagen um einen Transfer von 1996 angeführt:
http://www.questia.com/magazine/1P3-1134809851/production-slate:
http://www.questia.c...oduction-slate:
"When we looked at the element, we realized we could modify our aperture plates and optics to scan Cinemascope 55's unique 8-perf format, which was the initial challenge."WIDE GAUGE FILM AND VIDEO MONTHLY brachte seinerseits einen Bericht über die Abtastung, angeblich eines 55-mm-Negativs. THE KING AND I und CAROUSEL wurden demnach bei Crest vermutlich am Rank Cintel III "UltraScan"Abtaster durchgeführt, von welchem zuvor auch 65-/70-mm-Abtastungen in 5-perf durchgeführt wurden (u.a. CHITTY CHITTY BANG BANG, HALLELUJAH TRAIL), aber auch Originalnegative für special venues in 8-perf und 15perf 70mm.
Aus der Newsgruppe Newsgroup
rec.arts.movie.tech wird fernerhin von Theo Gluch zitiert mit Verweis auf ein 55mm-Negativ mit folgender Äußerung
I urge you to take a peak at the two 55mm transfered laser discs out there. They do look great. I had an opportunity to see part of the KING AND I telecine being done, and even (with gloves on.....) held some 55mm trims.Aus diesen Erwähnungen wird definitiv abgeleitet, der Abtaster in 1996 sei ultimativ auf 55 mm umgebaut worden, resp. die anschließende Herausgabe des Films beruhe nachweislich auf einem erfolgten 55-mm-Transfer.
Schäden z.B. beim Wetgate-Abtasten wären aber stets die Folge schlecht vorbereiteter Negative, auch aufgrund von Verwellung und Schrumpfung, sodass das Material reissen kann oder über Zahnrollen laufend auch "gerädert" werden kann. Die CinemaScope-55-Negative, so meine Überlegung, könnten daher auch während des Prozesses der Umkopierung des Negativs zu 35mm-Materialien auf unausgereiften Reduktionsprintern (wovon ich fast ausgehe) passiert sein.
Denn wenn der Abtaster für das Originalnegativ eingesetzt worden wäre, so führt er wie jeder Abtaster nur eine Seite der Perforation. Und im Negativzustand KING AND I gibt es nun tatsächlich einseitige Einrisse, die auf einen derartigen Hergang hindeuten würden. Die angloamerikanischen Reportagen ihrerseits rekurrierten oft auf die Antwort von Robert A. Harris auf Hinweise des Journalisten auf den 55-mm-Telecine-Transfer, den Harris ablehnen würde, weil er ihn auch bei 65mm-Telecine für inakzeptabel hält. Weitere Fachkreise konnte ich nicht entdecken).
Es sind jedoch Beschädigungen im Negativ beschrieben, die m.E. gemäß dem Branchen-Usus auch um 1956 bei der optischen Verkleinerung traditioneller optischer Printer von 55mm auf 35mm passiert sein können.
Eine Abtastung vom 55-mm-Orginalnegativ im Jahre 1996 klingt branchenuntypisch, denn der Film erschien auf DVD erst relativ spät.
Hatte man am Ende tatsächlich hierfür einen Abtaster für 55 mm gebaut oder "umgebaut" laut obiger Zitate? Eher klingt alles nach einer Vorstudie, etwa in dieser Manier: man betrachtete bei Vorsortierungen 55-mm-Negative und hätte es als Herausforderung empfunden, benannte Abtaster evtl. dafür umzubauen. Oder hatte einen Umbauversuch zwar unternommen, aber nach anfänglichem Debakel die Abtastung von 55-mm-Negativ aufgegeben.
Die letzte DVD nun von 2004 kommt jedoch dem farblichen Look der zeitgenössischen Theaterkopien näher, auch der Ton ist dort schöner, mit besserem Surround-Sound, den ich in dieser Art jetzt auf Blu ray Disc vermisste (oder der hiesige DTS-Decoder war defekt). Auf der DVD war aber leider das Format beschnitten und der Bildstand rotierte.
Dafür sehen wir jetzt auf der Blu ray Disc eine seitliche Unschärfe. Auf der DVD (auflösungsbedingt) aber nicht.
Fazit: Man hätte vom 2014 verwendeten neu erstellten 35-mm-Interpositiv via Abtaster (!) ein farblich besseres Ergebnis erzielt - wenngleich körniger. Leider wurde gescannt.
Die Blu ray Disc hat durch das Scannen den typischen Look verloren und ist im Farb- und Lichtausgleich uneinheitlicher als die ältere DVD von 2004.
Wenn in dem Bericht der Blu ray Disc von "erfahrenen Restaurateuren" die Rede ist, sind in dem Bonus-Anhang Personen im Alter von um die 30 Jahre erkennbar. Diese können sicher sehr viel - aber Kopierwerkserfahrung kann nicht vorhanden sein.
I.P.s sind meist optimal belichtet und ergeben den besten Filmlook (s.o.). Ausgenommen wie hier der Fall einige Large-Format I.P.s (wg. optischer Bearbeitungen und Blenden usw., Geschwindikeitsänderungen zwecks Ausgleich - stets abweichend von der Bearbeitungsnorm.).
Die Opticals bei KING AND I wurden 1956 ausserden über Schwarzweiss-Auszüge hergestellt, sind aber offenbar nicht im 55-mm-Orignalneativ enthalten. Sie bestehen als Extra-Einstellungen (mit Kameraklappe Anfang und Ende). Evtl. könnten sie mit einer kleineren 55-mm-Aufahmekamera und einer anderen Kassette für den Rohfilm (-> Bipackverfahren) gefertigt worden sein (gängig bei Titelbandherstellungen auf Oxberry-Trickkopiermaschinen).
Von den Schwarz-weiss-Separations hätten Dups über einen optischen Printer mit Auf- und Abblenden gemacht werden müssen. Wie aber sollen 1999 über eine 55-mm-Direktabtastung die separat gelagerten Blenden abgetastet worden sein?
Mit eigenem Augen betrachtet verwundern die Bildstandsschwankungen der Laserdics-Jubiläumsausgabe von THE KING AND I von 1996, als angeblich vom 55-mm-Originalnegativ abgetastet wurde. Sie sind sehr typisch für anamorphotisch wiedergegebene 35mm-Filmmaterialien mit KS-Perforation, die auf Durchlaufprintern (oder hier: Durchlaufabtastern) erstellt wurden. Die Theaterpraxis in der 35mm-Filmwiedergabe zeigt seit jeher Unterschiede in der anamorphotischen Vorführung von 35-mm-Lichttonopien mit Normalperforation und der Vorführung von 35-mm-Magnettonkopien mit Kleinlochperforation. Die Magnettonkopien hatten einen seitlich deutlich besseren Bildstand.
Wenn bei der Jubiläumsausgabe von THE KING AND I von 1996 55-mm-Negative (mit bildstandsoptimierter Kleinlochperforation!) abgetastet worden sein sollen, sollten Bildklarheit und Bildstand überzeugen. Defakto aber fällt diese Abtastung in qualitativer Hinsicht hinter anderen zuderzeit transferierten 35-mm-Scope-Filmen deutlich zurück, zeigt aber dennoch Charakteristika eines Interpositivs. Die Blu ray Disc von THE KING AND I hat es somit nicht geschafft, dass CinemaScope 55-Verfahren für kommende Generationen nachvollziehbar zu machen. Nochmals in die 2. Laserdics (Jubiläumsausgabe von 1996) hineingesehen, und bis auf einige Szenen, in denen eine Korrektur vergessen wurde, ist das Gesamtergebnis farblich stimmig. Und entgegen der Blu ray-Disc sind die Blendenszenen in der Laserdics 1996 wunderbar angeglichen. Auf der Blu ray Disc von 2014 indessen unfassbar schlimm geworden.
Obwohl in der Laserdics 1996 das Bildformat von allen Versionen am unbeschnittensten ist (auf den ersten Blick identisch zu meiner 35-mm-4-Kanal-Magnettonkopie aus USA), fehlt mir für eine 55-mm-Abtastung die Evidenz. Wäre auch Wahnsinn gewesen, bei diesem Grossformat mit erhöhter Geschwindigkeit über einen Abtaster zu jagen: das machen nur Irre...
Schaut man in die Blu Ray Disc von SOUTH PACIFIC, wie ICE STATION ZEBRA vom 65-mm-Interpositive transferiert, darf man staunen über das fantastische Ergebnis.
In den Wide-Gauge-Heften (alle Ausgaben von 1996 gestern noch mal gelesen) finden sich keine wirklich substantiierten Erläuterungen, wie man das 55-mm-Negativ auf den Abtaster brachte.
In "WideScreen-Review" aus dem gleichen Jahr ist das von "transferred from the CinemaScope 55 Interpositive" die Rede.
Betrachtet man "CinemaScope 55" als Markenname und schlussfolgert, dass das einzige als Komplettfilm existierende CinemaScope-Interpositiv eigentlich nur auf 35mm existieren kann, landen wir bei einer Abtastung eines 35-mm-Interpositivs aus dem CinemaScope 55-Verfahren.
Das ist nur eine These meinerseits, aber die Version von 1996 sieht eben sehr nach einem 35-mm-Transfer aus.
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Weitere historiographische Ausführungen zum CinemaScope 55-Verfahren finden sich in einer amerikanischen Magister-Arbeit von 2018:
https://escholarship.org/uc/item/7gx3w1w6