Eingangs muss festgehalten werden, dass die Palette der vom Todd AO-Verfahren ausgehenden oder abzweigenden 70 mm-Systeme später variierten, sodass der originale Todd-AO-Prozess (Aufnahme mit 30 Bildern pro Sekunde auf 65 mm-Negativ 5 Per., Direktkopierung ohne Zwischenschritte auf 70 mm print-film im Kodak-Kaltprozess, Auftragung von konventionellem 6-Kanal Magnetton ohne Rauschunterdrückung) ab 1959 aufgeweicht wurde bzw. ab 1970 durch 35 mm-Blow ups aber auch durch neue Print- Materialien kaum noch erkennbarer.
Auch wurden immer weniger vollstereophon 5 Frontkanäle genutzt, stattdessen ab 1977 Dolby-Rauschunterdrückungssysteme hinzugefügt und zwischen 1993 und 2001 die Auftragung der Magnettonpisten abgeschafft zugunsten separat laufender CDs (DTS mit Datenkompressionen und neuen Mischgewohnheiten).
Somit fungiert das Label "Todd AO" als Maskottchen eines übersteigerten Marketings, ohne die festgelegten und authentischen Vorgaben zu erfüllen.
Die Umbenennung in "70 mm Festival" wäre ehrlicher.
Sehr subjektiv sind auch die Bild- und Höreindrücke heutiger Besucher, bei welchen festzustellen ist, dass sie entweder nie praktisch mit der Filmbearbeitung in einem Filmkopierwerk zu tun hatten oder ihren geschmäckerischen Umschreibungen anstatt des Konjunktivs den Indikativ setzen.
Herz statt Hirn.
Was einem persönlich nicht gefällt, kann technisch aus Sicht der Postproduktion gesehen akkurat sein und den Prozesslinien entsprechen. Was man persönlich großartig findet (70 mm- Neukopierungen der letzten zwei Jahrzehnte oder fotografische Eigenschaften etwa von Christopher Nolan-Filmen), kann leicht zum Placebo-Effekt oder zur Auto-Suggestion werden.
Enthusiasmus über die Filmstory anstatt eines Ansatzes zur Bildanalyse.
An dieser Stelle einige Beispiele aus einem Forum, in dem die Begrifflichkeiten und Zuschreibungen vollends durcheinander fallen.
Kursiviert angeführt sind die Zitate und im Anschluss folgt meine Kommentierung:
macplanet:
(...) großartigen Kopien von (...) "Spartacus" (...)Wie soll eine solche Kopie von "Spartacus" (seit der 65mm-Neufassung von 1991) noch möglich sein?
Der Teilnehmer lobt den Film, aber erkennt nicht jene Dup-Fassung von 1991. Diese beruht auf den Kompromissen der Umkopierung und erreicht nicht den Standard der Direktkopierung der Premierenfassung. Sie ist aber farblich und von der Soundmischung her noch immer ansehnlich und enthält einige herausgeschnittene Takes, die 1991 wieder eingefügt wurden.
@Filmempire [zu der digitalisierten Version von "The wonderful world of the Brothers Grimm"]
"Das Resultat SUPER, so hat Cinerama damals nicht ausgesehen. Keine Nahtstellen, ein homogenes Bild ohne wackelnden Trennlinien usw. Nur im Ton gab es wie auf der Bluray Disc keine 7.1 Mischung wie 1962 zwar dmals ohne Subbass also .1
von 7 Tonspuren auf 35mm Cordband wiedergegeben"
Die drei Streifen/Panele waren allerdings (in der original 3-streifigen Filmprojektion in West Germany 1964) bereits gleichmäßiger als bei "How the west was won", das Gesamtergebnis klar ersichtlich besser als die der vorherigen Cinerama-Filme.
Die Bildschärfe ist im originalen analogen Projektionsverfahren ohnehin nicht zu toppen, auch nicht durch eine digitalisierte Version.
Der deutsch-synchronisierte Ton war 1964 ebenfalls besser als der englische Originalton in der jetzt digitalisierten Version erhalten ist, obwohl der Vergleich nur punktuell möglich ist.
Ansonsten ist in der neuen digitalisierten Version auch einiges verbessert worden, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass dies im Grading alleine eine Person gestemmt haben soll. Sie ist jedoch um drei Punkte zu rot.
"Airport" endlich mit 6-Kanal Magnettonmischung."Zwar DATASAT, könnte aber ähnlich oder nahezu identisch zur amerikanischen Magnettonmischung sein (ich weiß es nicht, kenne die englischsprachige 6-Kanal-Magnetton-Kopie nicht, lediglich die deutsche monaurale 70mm-Fassung.)
"Wonder Woman im ersten Weltkrieg aktiv. Ein sehr scharfes Bild aus dem Computer"Das wundert mich. Haben den Film in einer anderen Stadt auf 70 mm gesehen: mittelmäßige Schärfe und farblich schlechter und unausgeglichener als das Digisat. Die Live Action-Szenen wurden allerdings in 35 mm gedreht.
Erfreulich ist aber, dass die Altfilme "Exodus" und "Herkules" trotz eines colorfadings beachtet werden, denn in ihnen erkennt man Qualitäten, welche Filme in späteren Dekaden nicht mehr hatten. Denn zwischen der Fähigkeit, innovative Drehbücher zu schreiben, wie Nolan und Anderson, und andererseits der Intuition und dem Einfühlungsvermögen, in das Filmmaterial sinnvolle und sichtbare Detail einzuschreiben, liegen Welten: Es gibt weder eine filmwissenschaftliche noch eine filmtechnische Begründung, warum diese beiden Regisseure ausgerechnet auf das Breitfilmformat angewiesen sein wollen. Denn die Ergebnisse müssen als grotesk erachtet werden.
@claus cremers:
"Hoffentlich erscheint diese neue Fassung von Airport irgendwann auf Disc."Die existierende Blu Ray Disc-Version hat eigentlich eine recht gute Bild- und Tonqualität, obwohl sie lediglich vom anamorphotiscben 35mm-Intermed-Negativ gefertigt wurde.
Da die Fotokem-Kopien nun den bekannten Blau-Grünstich haben, vor allen Dingen in den weißen Flächen, was auch zuletzt bei der Neukopierung von "Airport" beobachtet wurde, darf man bei der Home Cinema-Verwertung generell nicht eine Theaterkopie transferieren (anderenfalls passiert ein Unglück wie mit "Flying Clipper" nun zu erleben war, als ein völliger Unkenntnis hinsichtlich standardwidriger Abtastungen ein Desaster folgte: man hatte nicht auf ein Interpositiv oder ein Original negativ zurückgegriffen, sondern lediglich die missratene Theaterkopie gescannt):
Nach einem Scan würde eine komplette neue und sehr teure Lichtbestimmung erforderlich sein, und die Werte für die jetzige 70 mm-Theaterkopie haben in diesem Prozess keine Bedeutung.
[Die kursivierten Abschnitte wurden zitiert aus:
https://www.filmvorfuehrer.de/topic/2421-70mm-event-in-karlsruhe/page/104/#comment-373733 ]